Warum der Verzicht auf Brot mittelfristig nicht schlank, sondern unglücklich macht…
Zu Brot kursieren zahlreiche Mythen durch die Köpfe der Menschen, oft angefeuert durch polarisierende oder gar falsche Medienberichte. Eine der hartnäckigsten Thesen besagt, dass man kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot meiden oder zumindest reduzieren solle, wenn man abnehmen möchte. Ja, man könne hierdurch sogar im Schlaf schlank werden. Dies hat leider dazu geführt, dass heute weniger Brot gegessen wird als sämtliche seriösen ernährungswissenschaftlichen Instanzen empfehlen. Doch was ist dran am breit grassierenden „Low Carb“ Trend, also der Reduktion von Kohlenhydraten (engl. Carbohydrates)?
Auch wenn dies niemand gerne hört, ist Ernährung im Grunde viel einfacher als uns durch allerlei Empfehlungen – die sich nicht selten widersprechen – suggeriert wird. Der Mensch ist im Grunde eine Art Ofen, der laufend durch Brennstoffe in Form von Lebensmitteln angefeuert wird. Die meiste Energie benötigen wir hierbei keinesfalls für die Bewegung, sondern für den Erhalt einer gleichmäßigen Körpertemperatur und der normalen Körperfunktionen. Allerdings sind nicht alle „Öfen“ gleich. Die traditionelle Kost der Eskimos waren 5 Kilo Robbenspeck täglich, was ihnen bestens bekam, einen Mitteleuropäer heutzutage aber umbringen würde. Unsere genetische Ausstattung ist eben perfekt auf die Nahrungsmittel unserer Heimat ausgerichtet. Dazu gehören in Deutschland eher Getreideprodukte als Ingwer oder Mangos, auch wenn uns derlei immer wieder mal als besonders gesund verkauft werden. Dick wird man jedenfalls nicht durch bestimmte Nahrungsmittel, sondern indem man mehr Kalorien zu sich nimmt als man verbraucht. Diese schlichte Weisheit erzeugt keine Schlagzeilen und ist auch nicht geeignet, Menschen so zu verunsichern, dass sie Diätpillen, Abnehmdrinks, Ratgeber oder Zeitschriften mit entsprechenden Tipps kaufen. Daher lesen wir sie so selten. Doch sie ist wahr.
Die „bösen Kohlenhydrate“ lassen sich auch nicht über einen Kamm scheren. Hundert Gramm eines ganz normalen Mischbrotes – das sind etwa zwei bis drei Scheiben – enthalten 47,2 g langkettige Kohlenhydrate aus Stärke. Dies sind keine Einfachzucker, die sofort verbrannt werden können, sondern Mehrfachzucker, sogenannte Polysaccharide. Der Körper muss diese erst mühsam zu Einfachzuckern aufspalten. Hierdurch entsteht ein langanhaltendes Sättigungsgefühl. Etwa zwei Drittel eines Weizenkorns besteht aus solcher Stärke. In geringerem Maße finden sich auch andere Polysaccharide wie Zellulose, Hemicellulose, Lignin und Pentosane darin. Hinzu kommen 6,5 g Eiweiß und 1,2 g Fett, zudem 4,6 g Ballaststoffe. Der Rest besteht maßgeblich aus gebundenem Wasser. Bei Vollkornbrot ist das Verhältnis noch etwas günstiger. Die Nährwertprofile von Brot gelten als optimal. Ernährungswissenschaftler fordern daher zu Recht, dass Brot der wichtigste Teil unseres Speiseplans sein und vom Frühstück bis zum Abendessen zu praktisch allen Mahlzeiten gehören soll.
Stattdessen muss ein zunehmendes Ungleichgewicht des Kalorienprofils beklagt werden. Der Anteil an Kalorien, die aus Lebensmitteln stammen, welche reich an Fett und Proteinen sind, nimmt insgesamt zu. In der Folge entfernt man sich immer weiter von den Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung, bei der 50 % bis 55 % des Kalorienbedarfs pro Tag mit Kohlenhydraten, 10 % bis 15 % mit Proteinen und die verbleibenden 30 % bis 35 % mit Fett gedeckt werden sollen.[1]
Seriöse wissenschaftliche Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sind sich in Ihrer Empfehlung einig: Esst mehr Brot! Weil keine dieser Organisationen etwas verkaufen oder auf Auflagen und Quoten schielen muss, kann man deren Rat getrost Glauben schenken.
Insofern gilt als sicher, dass die Menschen aufgrund der überzeugenden gesundheitlichen Argumente über kurz oder lang zum Brot zurückkehren. Wer hat schon mit Trennkost, Steinzeitdiät oder Low Carb nicht nur kurzfristig, sondern wirklich nachhaltig Gewicht verloren? Die Rückkehr des Brotes hat längst begonnen und deren Durchbruch ist nur eine Frage der Zeit. Bis dahin empfiehlt es sich, den vielen sich wandelnden Ratschlägen zur eigenen Ernährung mit großer Gelassenheit zu begegnen. Klug ist, wer bewusst genießt, statt sich zahlreichen Einschränkungen selbst zu quälen. Denn dies wird häufig vergessen: Essen dient nicht nur der Aufnahme von Nährstoffen, sondern ist auch Genuss und Lebensqualität.
Siehe z.B. die Website des Europäischen Informationszentrums für Lebensmittel EUFIC http://goo.gl/DqO2rR (abgerufen am 18.5.14)