Zum Thema Brotherstellung

Wie viel Handwerk steckt in einem Brötchen?

Aufgrund meiner beruflichen Aufgaben für das Bäckerhandwerk erreichen mich regelmäßig Fragen von Journalisten zu allerlei Themen der Bäckerei. Über die Frage oben musste ich ein wenig nachdenken. Hier meine Antwort, welche für diesen Beitrag noch etwas ergänzt wurde.

Angesichts von rund 11.000 handwerklichen Bäckereien (Stand 2019) mit unterschiedlichen Größen, Rezepten, Ausstattungen und Verfahren kann es auf diese Frage leider keine allgemein gültige Antwort geben. Die Bäckerwelt ist sehr heterogen und das ist auch gut so. Eine Frage dabei wäre auch, wie man Handwerk genau definiert bzw. inwiefern man dies von der Betriebsgröße, der Zahl der Bäcker oder einer Eintragung in die Handwerksrolle der Handwerkskammer abhängig macht. Hier gehen die Meinungen auseinander. Meiner persönlichen Ansicht nach definiert sich Handwerk vor allem durch das Engagement von ausgebildeten Bäckermeistern und -gesellen sowie durch die tagesfrische Produktion von Backwaren, räumlich und zeitlich recht nah beim Kunden.

Falls mit der Frage der Anteil an Handarbeit im Brötchen gemeint war, so kommt auch dies sehr auf den Betrieb und die Brötchensorte an. Fest steht aber, dass die körperlich sehr anstrengende Arbeit der Teigherstellung seit der Erfindung der Teigknetmaschine im Jahr 1850 auch in kleinen Betrieben nicht mehr per Hand erfolgt.

Seit geschätzt 100 Jahren ist zudem in nahezu allen Bäckereien die Teigteil- und Wirkmaschine Standard, landläufig auch „Brötchenpresse“ genannt, was deren Aufgabe gut beschreibt. Sie übernimmt das Abwiegen und Rundformen der kleinen Teigstücke, die einzeln oft nur 50 g – 60 g wiegen und von Hand nur mit erheblichen Gewichtsschwankungen und einem gewaltigen Zeitaufwand abgewogen werden könnten, was sich nicht rechnet. Stattdessen wiegt die Bäckerin oder der Bäcker üblicherweise die 30-fache Teigmenge eines Brötchens ab, also 1.500 g bis 1.800 g und formt diesen Teig zu einem „Ballen“ rund, der manchmal auch „Presse“ genannt wird. Nach einer Teigreifezeit drückt man den Ballen auf eine Scheibe, welche in besagte Maschine – eine Art Presse – geschoben wird. Diese formt daraus 30 gleichmäßige, eckige oder auch runde Stücke, die dann manuell oder auch maschinell weiterverarbeitet werden können. Bei entsprechend hoher Brötchenzahl kann eine sogenannte „Brötchenanlage“ all dies in einem durchgängigen Schritt übernehmen, ohne dass sich am Prozess selbst viel ändert.

Es gibt natürlich nach wie vor auch Brötchensorten, die – nach der Teigknetung – rein von Hand geschlungen, gerollt, geformt und geschnitten werden, doch insgesamt kommt es beim Handwerk heute weniger auf die Muskeln und die Kraft der Hände an, sondern eher auf die die Fachkompetenz, die Erfahrung, das Fingerspitzengefühl und die Passion der Bäckerinnen und Bäcker.. Diese definieren die Rezeptur, reagieren laufend auf Schwankungen der natürlichen Rohstoffe durch leichte Anpassungen der Wassermenge und der Knetzeiten, steuern die Herstellungsschritte und bestimmen im Zuge dessen auch den optimalen Gar- und Backzeitpunkt für ein perfektes Brötchen.

Wer im Detail wissen möchte, wie Brötchen hergestellt werden, dem kann nur empfohlen werden, den direkten Dialog mit dem Bäcker seines Vertrauens zu suchen. Ein guter Bäcker hat nichts zu verbergen und freut sich über das Interesse.

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