Zum Thema Brotmarkt

Bäckersterben: Trugbild und Tatsachen

Die Wahrheit und überraschende Fakten über das gerne zitierte „Bäckersterben“…

Regelmäßig macht die Schlagzeile vom „Bäckersterben“ die Runde durch die Gazetten des Landes. Tatsächlich lag die Zahl der selbständigen Bäckereien vor rund 50 Jahren noch bei etwa 55.000 Betrieben. Im Jahr 2014 waren nur noch rund 12.500 Bäckereien in Deutschland in die Handwerksrolle eingetragen. Und noch immer schließt jeden Tag in Deutschland irgendwo eine Bäckerei, was mir persönlich sehr Leid tut, weil immer auch Wissen, Rezepte und handwerkliche Fähigkeiten verloren gehen.

Was auf den ersten Blick aussieht wie der Tod eines Handwerks, ist bei Lichte betrachtet jedoch nichts anderes als eine Marktbereinigung, die es in jeder Branche gibt. Denn es schließen vorwiegend jene Betriebe, die nicht mehr marktfähig sind, weil sie es nicht verstanden haben, permanent an sich zu arbeiten und ihre Kunden täglich mit Top-Qualität, einem schönen Ambiente und gutem Service zu überzeugen. Andere Betriebe haben schlichtweg ein Standortproblem, weil die historische Lage im Ortskern heute nicht mehr genügend Kunden aufbietet. Hier stellt sich natürlich die Frage, warum der Standort nicht rechtzeitig in Frage gestellt oder durch eine Filiale in besserer Lage ergänzt wurde. Andere Bäckereien haben keinen Nachfolger und dementsprechend keinen Grund mehr, um zu investieren. Wieder andere haben aufgrund des Preisdrucks durch die Backstationen, durch lebensmittelrechtliche Gängelungen, explodierende Energiekosten, Beschwerden von Anwohnern wegen nächtlichem Lärm oder aus anderen Gründen resigniert.

Während sich der Markt um jene Betriebe bereinigt, die sich aufgeben, expandieren andere Bäckereien, indem sie immer neue Filialen eröffnen. Diese zu Unrecht als „Ketten“ beschimpften Betriebe erschließen hierzu laufend neue, gute Standorte mit hoher Kundenfrequenz. Dass sie viele Filialen haben, hat nur einen Grund: eine ausreichende und wachsende Zahl an Kunden ist mit deren Qualität zufrieden oder schätzen die gute Erreichbarkeit. Unter dem Strich wächst die Zahl der Bäckerei-Standorte sogar und auch der Marktanteil des Bäckerhandwerks ist seit Jahren konstant.

Das Bäckerhandwerk ist heute eine ebenso traditionelle wie moderne Branche, die sich laufend weiter entwickelt. So gibt es auch innerhalb des Sortiments starke Verschiebungen. Der Brotumsatz geht leicht zurück, weil die Menschen weniger Brot essen – was ein Fehler ist, wie dieser Blog belegt. Ein weiterer Grund dafür sind die sinkenden Haushaltsgrößen. Die Zahl an Ein- und Zwei-Personen-Haushalten lag im Jahr 1970 bei 52,2 % aller Haushalte. Im Jahr 2012 waren bereits 74,7 % aller Haushalte mit maximal zwei Personen besetzt.[1] Kleinere Haushalte kaufen seltener Brot. Zugleich steigen aber die Umsätze im Bereich der Bäcker-Gastronomie, vom Coffee to go über belegte Snacks bis zu Salaten, Flammkuchen, Pizza und Nudeln. Schon gewusst: das Bäckerhandwerk ist heute der größte Fastfood-Anbieter Deutschlands?![2]

Aufgrund der Marktveränderungen entwickeln sich immer mehr Bäckereien vom reinen Lebensmittelversorger zum emotionalen Tagestreffpunkt ihrer Region. Viele Bäckereien investieren gerade kräftig und verkaufen längst nicht nur Backwaren, sondern im Grunde das tägliche, kleine Glück. Mit Angeboten vom Frühstück bis zum Abendbrot, einem tollen Ambiente und einer (hoffentlich) freundlich-strahlenden Verkäuferin gegen die Einsamkeit des Alltags. Von Mythos „Bäckersterben“ keine Spur!

Errechnung basiert auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 1970: 25,1 % Ein-Personen-Haushalte und 27,1 % Zwei-Personen-Haushalte / 2012: 40,4 % Ein-Personen-Haushalte und 34,3 % Zwei-Personen-Haushalte.

Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks e.V., basierend auf Marktzahlen aus dem Jahr 2013