Zum Thema Brotreise

Bäckereien in Berlin

Bäckereien in Berlin: ausgewählte Betriebe, die einen Besuch lohnen

Berlin ist trendy, dies gilt auch für Food-Trends. Ebenso wie London und andere Weltstädte bietet Berlin gerade auch für Bäcker neue Inspirationen, u.a. interessante Konzepte von Quereinsteigern. Neben den genannten Betrieben sind auch viele andere Bäckereien in Berlin einen Besuch wert. Auch das Deutsche Brotinstitut hat seinen Sitz in Berlin. Eine gute Übersicht zu Bäckereien in Berlin hat Martin Blath, freier Journalist und Betreiber der Webseiten www.berlinsbestebaecker.de und www.brot-reporter.de. Die nachfolgenden Empfehlungen zu Bäckereien in Berlin mit hoher Brot-Kompetenz hat er als Gastbeitrag für brotexperte.de geschrieben. Martin Blath ist für die nachfolgenden Texte und Fotos verantwortlich, die Zeilen geben seine Meinung wieder. (Erstellt am 16.09.2017, aktualisiert am 07.07.2020)

Bäckereien in Berlin: Christa Lutum Bäckermeisterin
Seit Mitte 2016 sitzt Christa Lutum nicht mehr im Büro, sondern steht wieder in der Backstube. Die vormalige Mit-Inhaberin der Bio-Bäckerei Beumer & Lutum hat das Unternehmen verlassen und eine gläserne Kiezbäckerei mit Café in Charlottenburg eröffnet. Das überschaubare Sortiment des Bio-Betriebs mit dem schlichten Namen Christa Lutum Bäckermeisterin besteht ausschließlich aus Roggen- und Dinkelprodukten und hat sich schnell eine treue Fangemeinde geschaffen. Bei dem Ruf, der Christa Lutum vorauseilt, wäre alles andere wohl auch eine Überraschung gewesen.

Bäckereien in Berlin: Bäckerei Siebert
Schön, dass es so etwas Bodenständiges in Prenzlauer Berg noch gibt: Die 1906 gegründete Bäckerei Siebert ist ein Fels in der Brandung des „hippen“ Bezirks im Osten Berlins. Die Kunde von der herausragenden Qualität des Betriebs hat sich bis zum Feinschmecker herumgesprochen, der das von Lars Siebert geführte Familienunternehmen 2013 in den Kreis der besten deutschen Bäcker aufgenommen hat. Ein verlässliches Siegel für die Kunden ist zudem die Auszeichnung mit der „Goldenen Brezel“ der Bäckerinnung Berlin.

Bäckereien in Berlin: Bäckerei Hacker
Ein paar Straßen weiter produzieren Bäckermeister Thomas Hacker und sein Sohn Marvin täglich mindestens 500 Splitterbrötchen. Die dezent süßen Stückchen schätzen Kunden aus der ganzen Stadt ebenso wie den „Ost-Charme“ des aus den sechziger Jahren stammenden Interieurs des Ladens. Damals wie heute stapeln sich hier die Brote, Kuchen und Hefezöpfe in einfachen Metallregalen, die Kult-Status genießen. An dem aus der DDR-Zeit stammenden Sortiment hat sich ebenfalls nicht viel geändert. Qualität ohne Schnickschnack – dafür liebt man die 1896 gegründete Bäckerei Hacker.

Bäckereien in Berlin: Jute Bäckerei
Nicht weit von den Hackers entfernt, in der Schönhauser Allee, hat sich die 2015 eröffnete Jute Bäckerei („jute“ = berlinerisch für „gute“) quasi aus dem Stand heraus etabliert. „Glutenfrei und sonst nichts“ lautet das Motto des Bio-Betriebs von Quereinsteiger Friedrich von Gilsa, der inzwischen auch eine Filiale am Stadtrand betreibt. Außerdem beliefert er diverse Bio-Supermärkte, Reformhäuser und Naturkostläden in Berlin und Brandenburg. Mit Bäckermeister Guido Tauer, der über eine lange internationale Berufserfahrung verfügt, hat Gilsa den idealen Betriebsleiter an Bord geholt.

Bäckereien in Berlin: Bäckerei Konditorei Eis Voh
Auch Tauers Kollege Horst Voh, Inhaber der ebenfalls komplett glutenfreienBäckerei und Konditorei Eis Voh, hat lange Jahre im Ausland gearbeitet. Im Jahr 2010 war sein Gastspiel in Japan beendet, und der Bäckermeister eröffnete seinen eigenen Betrieb in Wilmersdorf – zunächst als glutenfreies Bio-Eiscafé. Eis gehört weiterhin zum Angebot der Vohs, aber längst steht eine stattliche Auswahl an großartigen Broten, Brötchen, Kuchen und Torten im Mittelpunkt des Sortiments, das auch über den Online-Shop vertrieben wird.

Bäckereien in Berlin: Kønigliche Backstube
Ein bisschen an längst vergangene Zeiten erinnert einer der jüngsten Betriebe der Stadt: Im Sommer 2016 hat Michael Köser seine gläserne Kønigliche Backstube in Neukölln eröffnet, wo es das Brot wie früher erst nachmittags gibt. Für den 53-jährigen Bäckermeister, der zuvor bei Beumer & Lutum beschäftigt war, hat das den großen Vorteil, dass er der Nachtarbeit Lebewohl sagen konnte. Und die Kunden haben damit kein Problem. Sie freuen sich, dass sie endlich wieder eine Bäckerei in ihrem Kiez haben, die diese Bezeichnung aus ihrer Sicht verdient, und außerdem mit Bio-Rohstoffen arbeitet.

Bäckereien in Berlin: Weichardt-Brot
Ihre ersten Brote haben Monika und Heinz Weichardt auf der Straße vor drei Waldorfkindergärten verkauft. Das war 1977. Heute zählen die Produkte der Wilmersdorfer Demeter-Vollkornbäckerei fraglos zum Feinsten, was die Hauptstadt an Backwaren zu bieten hat. Das „Geheimnis“ ihrer besonderen Brotqualität führt die anthroposophisch orientierte Familie auf ihre drei Mühlen mit den ein Meter großen Mahlsteinen aus den Sextener Dolomiten zurück, die das Korn bei nur 90 Umdrehungen pro Minute ganz leicht aufbrechen. Über seinen Online-Shop beliefert der Bio-Betrieb Kunden in ganz Deutschland.

Bäckereien in Berlin: Mehlwurm Vollkornbäckerei
Neukölln ist auch der Stammsitz einer Institution der Berliner Bio-Szene: Die Brote der 1983 als Kollektiv an den Start gegangenen Mehlwurm Vollkornbäckerei gehören zum Besten, was die Stadt zu bieten hat. Darin sind sich die Kunden mit dem Feinschmecker einig. Und der Kuchen des nach wie vor selbst verwalteten Betriebs verdient ebenfalls das Prädikat „besonders wertvoll“. Gewiss, auch Mehlwurm geht mit der Zeit und hat längst nicht mehr ausschließlich Vollkornprodukte im Sortiment – aber jedem Trend hinterher zu laufen, haben die Bio-Pioniere nicht nötig.

Bäckereien in Berlin: AREA Bread
Ava Celik wollte den Tag nicht länger mit etwas „Schrecklichem“ beginnen – also mit verpacktem glutenfreien Brot aus dem Supermarkt. Deshalb ging sie Mitte 2016 selbst ans Werk und entwickelte ihre eigenen hefefreien Sauerteigbrote mit Mehlen ohne Klebereiweiß. Nach der Diagnose „Zöliakie“ sah sie dazu keine Alternative. Seit Dezember 2018 stellt die gelernte Schauspielerin diese Brote in ihrer Bäckerei AREA Bread in Charlottenburg her – eine Ausnahmebewilligung gemäß Paragraf 8 der Handwerksordnung macht’s möglich. Für einen Besuch in der Fasanenstraße spricht die Tatsache, dass Celiks glutenfreie Backwaren nichts von dem vermissen lassen, was man von einem ausgezeichneten Brot erwartet. Hinweis: Ava Celik war auch Talkgast beim 4. Weinheimer Brotforum 2020 an der Bundesakademie des Bäckerhandwerks in Weinheim. Dort hat sie ihr Konzept und ihre Brote vorgestellt, was sehr gut ankam.

Bäckereien in Berlin: Sironi – Il Pane di Milano
Zu den spannendsten Bäckereien in Berlin und Neueröffnungen der vergangenen Jahre gehört zweifelsohne Alfredo Sironis Il Pane di Milano in der Kreuzberger Markthalle Neun. Der am Comer See geborene 32-jährige Historiker ist offiziell kein ausgebildeter Bäcker, hat das Handwerk aber im Café seiner Eltern gelernt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wie zum Beispiel sein 1,8 Kilogramm schwerer Laib aus Hartweizengries beweist. Ganz zu schweigen von Alfredos Focaccia, die er selbst (wohl zu Recht) als die beste der Stadt bezeichnet.

Bäckereien in Berlin: Erste Rheinländische Bäckerei
Nicht so recht nach Preußen passen will der Name einer 1899 eröffneten Bäckerei in Steglitz: Da es zu jener Zeit in Berlin eine starke rheinländische Kolonie gab, nannte Firmengründer Friedrich Mälzer seinen Betrieb Erste Rheinländische Bäckerei. Damals wie heute besonders begehrt ist das rheinländische, über eine Vier-Stufenführung hergestellte Vollkornbrot, das Fans in ganz Deutschland hat. Zudem möchte der Rheinländer natürlich auch fern der Heimat nicht auf sein geliebtes „Röggelchen“ verzichten. Denn das Sauerteigbrötchen bildet die unentbehrliche Grundlage für ein Kölner Nationalgericht namens „Halve Hahn“ – ein mit zwei dicken Scheiben mittelaltem Gouda, saurer Gurke und Senf belegtem Roggenbrötchen.

Bäckereien in Berlin: Domberger Brot-Werk
Eigentlich hat Florian Domberger mit dem Bäckerhandwerk nichts am Hut – außer seiner Leidenschaft für gutes Brot. Die hat der studierte Verkehrsbetriebswirt im Oktober 2016 zu seinem neuen Beruf gemacht. Sein Domberger Brot-Werk in Tiergarten – eine kleine gläserne Stadtteilbäckerei – ist auch dank einiger Journalisten in weiten Teilen Berlins ein Begriff für herausragendes Brot aus Bio-Rohstoffen. Mit Bäckermeister Ralf Tschentscher hat der Seiteneinsteiger einen kongenialen Betriebsleiter gefunden, der nicht nur in der Backstube, sondern auch im Verkauf zu überzeugen weiß.

Bäckereien in Berlin: Brotgarten
Ebenso wie die Mehlwurm Vollkornbäckerei zählt auch der Charlottenburger Brotgarten zu den Berliner Bio-Pionieren – und fraglos zu den besten Bäckereien in Berlin. Und ebenso wie Mehlwurm wurde der Betrieb 1979 als Kollektiv gegründet, in dem das politische Bewusstsein der Kollektivisten nicht minder wichtig war als deren handwerklichen Fähigkeiten. Der Brotgarten kommt mit einem Standort aus und ist auf sechs Wochenmärkten vertreten. Und für die Anwohner ist das Brotgarten-Bistro eine Institution in ihrem Kiez, die nicht nur der Nahrungsaufnahme dient.

Bäckereien in Berlin: Die Backpfeife
Ein Stern in Ost-Berlin ist die bisher jüngste Betrieb der Stadt. Hier, auf dem wiederbelebten Holzmarkt-Areal an der Spree, hat Mattis Harpering im Mai 2017 seine kleine Ladenbäckerei Die Backpfeife eröffnet. Der 30-Jährige hat sein Handwerk in der elterlichen Bio-Bäckerei bei Göttingen erlernt und anschließend einige Jahre Erfahrung bei Märkisches Landbrot in Berlin gesammelt. Harpering setzt auf ein kleines Sortiment, das vor allem von Brot und belegten Stullen geprägt wird. Aber auch die Gäste eines ebenfalls auf dem Holzmarkt ansässigen Burger-Restaurants schätzen es, dass die Fleischklopse in qualitativ hochwertigen Bäckerbrötchen serviert werden.

Bäckereien in Berlin: Brot ist Gold
Über den Namen für ihre Bäckerei mussten Kolja Orzeszko und Athanassios Petalotis nicht lange nachdenken. „Brot ist Gold“, antwortete eine ältere Dame auf die Frage, was ihr das beliebteste deutsche Grundnahrungsmittel bedeute. Aber was heißt hier schon Bäckerei? Eine Backstube ist in der Schöneberger Goltzstraße jedenfalls nicht zu finden. Des Rätsels Lösung: Die beiden Quereinsteiger haben den 31-jährigen Meister Leonhard Simon engagiert, der das schmale Sortiment in der Bäckerei Johann Mayer produziert – wenn dort morgens das Tagewerk vollendet ist.

Bäckereien in Berlin: ufa-Bäckerei
Nach turbulenten Zeiten befindet sich die ufa-Bäckerei, eine der ältesten Vollkorn-bäckereien Berlins, wieder auf Wachstumskurs. Im Oktober 2013 musste die 1980 als Kollektiv auf einem besetzten Areal gegründete Firma Insolvenz anmelden. Doch schon wenige Monate später nahte die Rettung durch einen Großkunden: Seit 1. Januar 2014 gehört der Betrieb zur LPG Biomarkt GmbH, die in Berlin zehn Geschäfte betreibt. Seit Anfang 2018 sorgt Bäckermeister Mustafa Topal für mächtig frischen Wind auf dem Gelände des ehemaligen Filmkopierwerks in Tempelhof. Inzwischen ist die ufa-Bäckerei wieder kerngesund ist und expandiert sogar.

Bäckereien in Berlin: Alpenstück
Berlin ist ein Eldorado für Seiteneinsteiger wie Iris Schmied. Beflügelt vom Erfolg ihres Restaurants Alpenstück, hat die studierte Betriebswirtin 2009 eine süddeutsch geprägte Bäckerei gleichen Namens in Berlin-Mitte eröffnet. Vor allem beim Kleingebäck zeigt sich der schwäbische Einschlag. Besonders begehrt sind natürlich die Seelen. Aber auch die aus Reutlingen stammenden Mutscheln, ein sternförmiges Gebäck aus mürbem Hefeteig, erfreuen sich regen Zuspruchs. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen jedoch der Ofenschlupfer und ein Roggenbrot mit alpenländischer Gewürzmischung.

Bäckereien in Berlin: Le Brot
Die einen schwärmen vom „besten Croissants außerhalb von Paris“, während die anderen schon beim Anblick des Baguettes in Verzückung geraten. Die im Dezember 2017 in Neukölln eröffneten Boulangerie Le Brot hat vom ersten Tag an den Geschmack ihrer Kunden getroffen. Im Mittelpunkt der gläsernen Backstube stehen die langzeitgeführte traditionelle Baguettestange sowie eine Variante mit zehn Prozent Roggenvollkornmehl und ein Fünfkorn-Baguette. Ergänzt wird das schmale Sortiment von einem Vollkornbrot, Brötchen auf Basis des Baguette-Teigs sowie von Croissants, Schokoladen-Croissants und Zimtschnecken.

Bäckereien in Berlin: Brotquelle
Die Kehrtwende im Leben des Mario Gonzalez kam 2012: Der 43-jährige Maschinenbau-Ingenieur hängte seinen Job an den Nagel und absolvierte eine Ausbildung zum Bäcker. Seit Januar 2018 steht der gebürtige Kolumbianer in seiner eigenen Backstube. Brotquelle heißt der kleine Bio-Betrieb in Friedrichshain, in dem ausschließlich glutenfreie Brote, Brötchen und Konditorwaren hergestellt werden. Backwaren ohne Klebereiweiß sind dem Meister quasi in die Wiege gelegt worden – arbeitet man in Südamerika doch überwiegend mit Mehlen aus Mais, Kartoffeln oder Reis. Und Mario Gonzales weiß, dass der Markt dafür rasant wächst.

Bäckereien in Berlin: Die Backstube
Selbstbestimmt und selbstverantwortlich arbeiten: Diesen Wunsch hegten im West-Berlin der frühen 1980-er Jahre viele junge Menschen aus dem linken Spektrum. Für einige ist er in Erfüllung gegangen, indem sie Kollektive in den unterschiedlichsten Branchen gegründet haben. Die 1981 eröffnete Kreuzberger Vollkornbäckerei Die Backstube ist eines der Urgesteine dieser Bewegung. Der Betrieb ohne Chef erwirtschaftet 80 Prozent des Umsatzes mit der Belieferung von kleinen Bio-Läden, Food-Kooperationen, Konsumentengruppen sowie neu entstandenen Hausprojekten und Kindertagesstätten.

Dies sind selbstverständlich nur Beispiele für viele andere interessante Bäckereien in Berlin. Die Auswahl stellt kein Ranking o.ä. dar. Sehr viele weitere empfehlenswerte Bäckereien findet man im Bäckereifinder des Deutschen Brotinstituts, mit aktueller Bewertung von deren Brotqualität.