Zum Thema Brotreise

Nordic Bakery Cup und Bäckereien in Oslo

Anfang September 2016 war ich auf Einladung des Norwegischen Bäcker- und Konditorenverbands kurz in Oslo, um die Jury des Nordic Bakery Cup 2016 zu leiten. Hier meine Erfahrungen.

Oslo ist eine Reise wert

Opernhaus in Oslo

Königsschloss in Oslo

Aussicht von der Skisprungschanze in Oslo

Königsschloss in Oslo

Dies war mein erster Besuch in Oslo und ich muss sagen, dass diese Stadt, die sich Anfang September bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen präsentierte, mich sehr begeistert hat. Zwar ergab sich durch die kurze Zeit und den beruflichen Kontext wie so oft nur wenig Gelegenheit für Sightseeing, doch gemeinsam mit einem Jurykollegen konnte ich mir zumindest kurz das Opernhaus, das Königsschloss nebst Schlosspark und die Skisprungschanze auf dem Holmenkollen anschauen. Letztere bietet eine phantastische Aussicht über die Stadt und den Oslo-Fjord. Sehr zu empfehlen!

Sehenswerte Bäckereien in Oslo

Bäckereien in Oslo

Brotauswahl in einer Bäckerei in Oslo

Brotauswahl in einer Bäckerei in Oslo

Die größere Bäckerei von Oslo ist Baker Hansen, mit 35 Filialen, davon 22 in Oslo. Produktionsleiter Gunnar Solberg, Assistent unserer Jury, berichtete mir von 4.500 Broten täglich, die er und sein Team herzustellen haben. Die Bäckerei ist bekannt für ihre Dinkelgebäcke. Das Oat-Spelt-Bread, ein Hafer-Dinkelbrot mit Walnüssen, ist eine Kaufempfehlung. Besonders spannend: die Bäckerei Hansen verfügt über eine Original-Urkunde von Sebastian Kneipp aus dem Jahr 1895: „Das Kraftbrot des Bäckers H. Hansen, Christiana Norwegen, ist nach meiner Vorschrift zubereitet und die Probe, die er mir schickte, habe ich von vorzüglicher Beschaffenheit gefunden.“ (Anmerkung: Christiana ist der historische Name von Oslo)

Wie auch Baker Hansen gehört die Bäckerei W.B. Samson zu jenen mit einer besonders großen Tradition. Besonders zu erwähnen ist, dass deren für die Produktentwicklung zuständige Bäcker Erend Løken Volden Mitglied der norwegischen Bäckernationalmannschaft ist und als solches auch am Nordic Bakery Cup teilgenommen hat, dem ich vorstand. Er war für die süßen Gebäcke zuständig und hat in dieser Kategorie einen Sonderpreis gewonnen! Insbesondere seine eigens für den Wettbewerb kreierten „Paechy Flowerpower Pastries“ waren optisch und geschmacklich ein Traum.

Ebenfalls interessant ist die Bäckerei Godt brød, die das Brot nicht zentral, sondern in jeder Filiale produzieren, zudem in Bio-Qualität. Godt brød hat Shops in jeder größeren Stadt Norwegens. Die Grynerløkka and Bjølsen bakery ist eine neue Bäckerei, die vor rund 5 Jahren gegründet wurde. Die Inhaber hatten zuvor ein Restaurant. Ebenfalls empfehlenswert ist die Åpent Bakeri = norwegisch für „geöffnete Bäckerei“.

Es gibt auch hervorragende Konditoreien in Oslo. Derzeit absolut Kult ist Patissier Pascal, der in der Jury des NPC mitwirkte. Er betreibt eine französisch angehauchte Bäckerei-Konditorei mit mehreren Standorten und versteht es auch, sich in den Medien gut zu verkaufen. Eine weitere Empfehlung wäre L’Ardoise.

Landwirtschafts- und Verbrauchermesse Matstreif

BrotExperte auf der Matstreif in Oslo

Leckeres Essen auf der Matstreif in Oslo

Elch- und Rentierfleisch auf der Matstreif in Oslo

Leckeres Gebäck auf der Matstreif in Oslo

Die Matstreif ist eine mit der Grünen Woche in Berlin vergleichbare Leistungsschau der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion Norwegens. Sie findet im Freien statt, direkt am Hafen von Oslo, in zahlreichen Zelten. Der Eintritt ist frei. Rund 180.000 Besucher sollten in den drei Tagen vor Ort gewesen sein. Bei einem kurzen Rundgang über die Matstreif präsentierte sich vieles aus dem Meer, jedoch auch Elch- und Rentierfleisch, Gemüse und auch Fast-Food, vom Fischbrötchen bis zum Burger. Zudem gab es einen großen Bereich mit Streetfood-Trucks.

Auf dem Gelände der Matstreif wurden diesmal auch die Wettbewerbe ausgetragen, in einem großen Zelt – praktischerweise unmittelbar an der von jungen Menschen stark bevölkerten Craft Beer Arena, in der hunderte (!) Sorten Craftbeer von dutzenden Brauereien ausgeschenkt wurde. Backen und Brauen gehören eben zusammen!

Nordic Bakery Cup

BrotExperte auf dem Nordic Bakery Cup in Oslo

BrotExperte auf dem Nordic Bakery Cup in Oslo

Gewinner des Nordic Bakery Cup in Oslo

BrotExperte auf dem Nordic Bakery Cup in Oslo

Die Bäckerverbände in Skandinavien veranstalten jedes Jahr im Wechsel den Nordic Bakery Cup (NBC), um das Niveau ihrer Bäcker-Nationalmannschaften auf einem hohen Niveau zu halten. Parallel dazu findet stets auch der Nordic Pastry Cup (NPC) als Wettbewerb der Konditoren statt. Den Wettbewerb der Bäcker gibt es seit 2011. In den letzten beiden Jahren hatte das Team aus Schweden gewonnen. Ob die ebenfalls starken Norweger in diesem Jahr den Wanderpokal holen?

Für den Wettbewerb in 2016 zeichnete sich der norwegischen Verband „Baker- og Konditorlandslaget BKL“ verantwortlich. Er wurde am 2./3. September in Oslo ausgetragen, im Rahmen der besagten „Matstreif“ unmittelbar am Hafen. Ich wurde als „head of the jury“ des NBC eingeladen und hatte die Ehre, auf diese Weise ein wenig mitwirken zu dürfen, was angesichts der Wettbewerbssprache Englisch kein Problem war.

Schon in der Vorbereitung auf den Wettbewerb fiel mir auf, dass die Regeln sehr jenen des Louis Lesaffre Cup ähneln, was darauf hindeutet, dass der NBC der Vorbereitung hierauf dient. Insofern haben meine Erfahrungen mit dem Louis Lesaffre Cup 2015 in Frankreich sehr geholfen, die Jury fachgerecht zu leiten. Für den Nordic Bakery Cup hätte ich mir persönlich ein wenig mehr skandinavische Identität gewünscht. Für den Norden typische Produkte wie Roggenbrote oder Vollkornbrote wurden im Wettbewerb nicht verlangt, dafür umso mehr französische Produkte wie Baguettes, Croissants, Pain au chocolate, Brioche und mehr, die für die Bäckereien Norwegens nicht unbedingt typisch sind.

Hohes Niveau im Backwettbewerb

Das Norwegische Teams am Nordic Bakery Cup

Hohes Niveau im Backwettbewerb am Nordic Bakery Cup

Gebäck am Nordic Bakery Cup

Brotauswahl am Nordic Bakery Cup

Die vier Teams aus Finnland, Dänemark, Schweden und Norwegen zeigten im Wettbewerb ein außerordentlich hohes Niveau, wie die Bilder hier zeigen! Als besonderer Pfiff in den Regeln war das sogenannte Fantasiebrot. Hierzu wurden allen Teams 200 Norwegische Kronen (ca. 21,50 Euro) ausgehändigt, mit denen Zutaten nach Wahl von der Matstreif-Messe einzukaufen waren, als Rezepturbestandteil eines Brotes. Zudem sollte das Brot Poolish enthalten. Die Teams entschieden sich für verschiedene, zumeist sehr würzige Käsesorten bzw. Schinken oder auch für ein Bier.

Neben vielen verschiedenen Broten, Brötchen und Süßgebäcken war in den 7 Stunden Wettbewerbszeit (plus 2 Stunden Vorbereitung am Vorabend) zudem ein gebackenes Schaustück herzustellen. Angesichts des Wettbewerbsthema „Sixties“ (60er Jahre) enthielten 3 der 4 Schaustücke lebensgroße Gitarren.

Anzumerken ist hier das Pech des Norwegischen Teams. Deren Schaustück bestand aus einer komplexen Komposition mit besagter Gitarre und vielen weiteren Elementen wie z.B. einem sehr filigran ausgearbeiteten, innen sogar marmorierten Stahlhelm, als Andeutung auf den Vietnamkrieg. An der Spitze befand sich relativ großer Mond nebst kleinem Astronaut mit amerikanischer Flagge, als Anspielung auf die Mondlandung in 1969. Leider wurde der Mond in der Hektik des Wettbewerbs jedoch nicht fest genug mit Zucker angeklebt. Er kam kurz vor der Fertigstellung des Schaustücks herunter, was einen verheerenden „Kometeneinschlag“ zur Folge hatte und das Kunstwerk weitgehend zertrümmerte. Bis dahin war Norwegen vermutlich gleichauf mit Schweden oder sogar vorne, doch angesichts dieses Unglücks ging der 1. Platz erneut an Schweden (somit ein Triple!), gefolgt von Norwegen, Dänemark und Finnland.

Elsker Deig

Eine kleine Anekdote noch: die Assistentinnen hinter den Kulissen liefen in braunen T-Shirts herum, darauf in weißer Schrift: „Elsker Deig“. Ich bin davon ausgegangen, dass sie Lehrlinge einer der Bäckereien in Oslo oder einer Schule dieses Namens sind und habe entsprechend nachgefragt. Großes Gelächter! „Elsker Deig“ heißt „Ich liebe Teig“ und ist zudem ein Wortspiel, denn streicht man das „i“, heißt dies „Elsker Deg“: norwegisch für „Ich liebe Dich“. Wieder etwas gelernt…

Was bleibt?

Die Reise nach Oslo nebst Juryvorsitz des Backwettbewerbs waren eine spannende Erfahrung, die in meine Arbeit als Coach der Deutschen Bäckernationalmannschaft einfließen werden. Ich habe neue Freunde kennen gelernt und darf mich sehr bedanken, vor allem bei Chef-Organisator Amund Skrutvold, dem gesamten BKL und allen Jurykollegen. Ein besonderer Dank gilt auch dem Vorstand der Bundesakademie Weinheim, der mir diese spannende Erfahrung ermöglicht hat.

Ich habe Oslo als wunderschöne, aber auch exorbitant teure Stadt kennen gelernt, gerade was Lebensmittel und vor allem Alkohol angeht. Für zwei spontane Flaschen Bier in der Craft Beer Arena waren 290 Norwegische Kronen fällig, umgerechnet 31 Euro. Die Preise in normalen Restaurants waren kaum niedriger. Dennoch kann ich eine Reise nach Oslo jedem nur ans Herz legen.

Das finnländische Team auf dem Nordic Bakery Cup in Oslo