Was sind eigentlich Backmittel, wo sind sie drin – und kann das gefährlich werden?
Backmittel, bis zum Jahr 1972 Backhilfsmittel genannt, sind Stoffe, die dem Teig zugesetzt werden, um die Verarbeitungseigenschaften des Teiges und/oder die Qualität des Gebäcks zu verbessern. Im Bewusstsein der Verbraucher steht der Begriff Backmittel meist für den Inbegriff von Chemie. Doch Backmittel sind zunächst einmal Lebensmittel, also zum Verzehr zugelassen und geeignet. Dennoch muss man Backmittel sehr differenziert betrachten.
Bei der Herstellung von Brot finden im Teig und später im Ofen komplexe biochemische Prozesse statt. Hierbei spielen die natürlichen Inhaltsstoffe des Mehls eine entscheidende Rolle. Als Beispiel seien Amylasen genannt, natürliche Enzyme, welche die Stärke (Amylose) zu Einfachzuckern abbauen, damit diese von der Hefe vergoren werden können.
Schon sehr früh kam man darauf, dass die Gebäckqualität verbessert werden kann, wenn man bestimmte Inhaltsstoffe isoliert und nochmals konzentriert zum Teig hinzu gibt. So verbessert eine Zugabe von Amylasen das Gebäckvolumen und verzögert das Altbackenwerden des Brotes. In gleicher Weise wirken andere Stoffe: eiweißspaltende Enzyme (Proteasen) machen den Teig dehnbarer, eine erhöhte Zugabe von Klebereiweiß (Gluten) fördert Gebäckstruktur und Volumen usw.
Neben der konzentrierten Zugabe von ohnehin im Mehl enthaltenen Inhaltsstoffen können weitere Stoffe zugesetzt werden, die natürlichen Ursprungs sind oder auf Stoffen natürlichen Ursprungs basieren: Ascorbinsäure (Vitamin C) fördert die Teigentwicklung und das Gebäckvolumen, Quellmehle wie Johannisbrotkernmehl oder Guarkernmehl verbessert die Krumenelastizität und die Frischhaltung, Emulgatoren wie z.B. Lecithin verbessern die Gleichmäßigkeit der Poren und das Volumen, Sojamehl verbessert die Teigstabilität und hellt die Krume auf, Malzmehl und Zuckerstoffe wie z.B. Traubenzucker verbessern Bräunung und Geschmack der Gebäcke. Neben den naturnahen Zusatzstoffen gibt es auch solche, die dem Labor entstammen, etwa künstlich hergestellte Enzyme oder Emulgatoren wie Diacetylweinsäureester.
Wenn man sich die Liste der möglichen Zusatzstoffe betrachtet, kann man zwei Gruppen von Backmitteln unterscheiden. Die einen dienen vorwiegend dazu, dem Bäcker zu helfen, indem sie Mehl schneller reifen lassen oder Teige trockener, plastischer und damit „maschinengängiger“ zu machen. Die anderen dienen vorwiegend der Verbesserung der Gebäckqualität. Weil Verbraucher kritisch sehen und verstärkt Brote ganz ohne Zusatzstoffe verlangen, haben viele Bäckereien reagiert. Die Rückkehr des Brotes geht einher mit einem Trend unter Bäckereien, ganz bewusst auf sämtliche Zusatzstoffe zu verzichten. Stattdessen werden große Anstrengungen unternommen, um die Quellungsprozesse im Teig zu optimieren und die Teige möglichst lange reifen zu lassen. Hierdurch kann die Wirkung der meisten Backmittel auf natürliche Weise ersetzt werden. Weil die Teige oft so weich sind, dass sie nicht mehr maschinell bearbeitet werden können, ist hierbei oft Handarbeit erforderlich, was bei industrieller Herstellung schwierig wird. Allerdings wurden spezielle Maschinen entwickelt, die auch weichste Teige abwiegen und formen können.
Ich behaupte, die allermeisten Brote in den Bäckereien Deutschlands werden heute nur aus Getreide, Sauerteig, Salz, Wasser und etwas Hefe gebacken. Manche Brote können ergänzend auch Ölsaaten wie z.B. Sonnenblumenkerne oder weitere Zutaten wie z.B. Nüsse, Oliven oder Kräuter enthalten. Bei handwerklicher Herstellung muss kein Teig „maschinengängig“, „tiefkühlstabil“ oder „lagerfähig“ gemacht werden, insofern braucht es keiner Backmittel bzw. diese lassen sich durch die Kunst des Bäckers komplett ersetzen. Gute Bäckereien erkennt man insofern auch daran, ob sie bereit sind, das eigene Fachwissen und das ihrer Mitarbeiter durch Weiterbildungen usw. zu entwickeln.