Zum Thema Brothistorie

Von Jägern und Sammlern

Warum die Menschen wegen des Brotes sesshaft geworden sind…

Getreide gehören zur Familie der Süßgräser, welche die Besonderheit aufweisen, dass Samen und Frucht praktisch eine Einheit bilden: das Getreidekorn. Süßgräser wachsen seit Urzeiten auf der Erde und werden schon seit mindestens 30.000 Jahren für die menschliche Ernährung genutzt, wie altsteinzeitliche Funde aus Italien, Russland und Tschechien belegen. Seit etwa 22.000 Jahren wird der Brei aus Getreide und Wasser auch gebacken, um diesen haltbar und transportfähig zu machen. Denn die Menschen waren zu jener Zeit Jäger und Sammler. Den Ackerbau hat man viele tausend Jahre später wohl durch Zufall entdeckt, weil ein mühsam gesammelter Vorrat aus Grassamen versehentlich feucht wurde und keimte. Der Urmensch warf das gekeimte Getreide weg und staunte nicht schlecht, als er acht Monate später erneut dort vorbei zog und noch viel mehr Gräser zum Vorschein kamen.

Der Übergang vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern fand vor etwa 11.000 Jahren statt und wird von Wissenschaftlern als „Neolithische Revolution“ bezeichnet. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen, von neo = neu/jung und lithos = Stein. Gemeint ist die damalige Jungsteinzeit. So entdeckten Forscher in Jordanien im Jahre 2009 etwa 11.000 Jahre alte Gebäude, die als Kornspeicher genutzt wurden [1]. Die vorherrschende Theorie besagt jedoch, dass der Ackerbau unabhängig voneinander weltweit dreimal entstanden ist: in den Ländern des sogenannten „Fruchtbaren Halbmondes“ im Nahen Osten, in Südchina sowie in Mittelamerika. Von dort hat sich der Ackerbau jeweils in alle Himmelsrichtungen verbreitet.

Ein großes Problem der früheren Menschen war, dass sämtliche wilden Gräsersorten den Samen im Wind abwarfen, um sich zu vermehren. So bemühte man sich frühzeitig, Kulturgetreide zu züchten, deren ausgereifte Körner besonders lange an der Ähre hielten und sich erst durch intensive mechanische Bearbeitung – das Dreschen – lösten. Weil der Wind das Kulturgetreide nicht mehr fortpflanzen kann, bedarf es seither der Aussaat durch den Landwirt. Die Landwirtschaft war erfunden.

Lediglich sieben Gattungen gehören zur Getreidefamilie. Die drei am häufigsten angebauten Sorten sind dabei Mais, Reis und das wichtigste Brotgetreide Weizen. Dessen verschiedene Urformen Dinkel, Kamut, Einkorn und Emmer werden heute als „Urgetreide“ angebaut und vermarktet. Hinzu kommen die Getreidesorten Gerste, Hafer und Hirse. Der gezielte Roggenanbau entstand etwas später in Südrussland, als bei einer Weizenaussaat einige Roggenkörner, die man als Unkräuter abtat, mit ausgesät wurden. Das Klima war für den Weizen zu rauh, doch der Roggen gedieh prächtig. Der Mensch lernte daraus und exportierte den Roggen schnell in andere Länder, darunter nach Deutschland. In Sibirien, wo er landläufig auch „schwarzer Weizen“ genannt wird, säte man Weizen und Roggen zuweilen sogar gemischt aus, um bei jedem Klima eine Ernte einfahren zu können. [2]

So waren es viele Zufälle, die der Menschheit das Kulturgetreide gebracht haben. Dieses hat die Brotherstellung fortan sehr erleichtert und die heutige menschliche Kultur damit erst ermöglicht.

Bericht „Als die Jäger sesshaft wurden“ in: Bild der Wissenschaft vom 26. Juni 2009, online verfügbar unter http://goo.gl/HxWBo9 (abgerufen am 11.5.14)

H.E. Jacob, Sechstausend Jahre Brot, 1954, Rowohlt Verlag Hamburg